EN// Digital fungus digests architecture. The biological growth strategy of a very special slime mold, Physarum polycephalum (protozoa of the year 2021), is translated into machine language and becomes the germ cell of an immersive experiment. The behavior of the digital mushroom is influenced by various environmental sensors and visitors are invited to become part of a collective organism as a foreign or friend body.
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Digitaler Pilzbefall verdaut Architektur. Die biologische Wachstumsstrategie eines sehr speziellen Schleimpilz, Physarum polycephalum (Einzeller des Jahres 2021), wird übersetzt in Maschinensprache und zur Keimzelle eines immersiven Experiments. Über verschiedene Umwelt- und Umgebungssensoren wird das Verhalten des digitalen Pilzes beeinflusst und Besucher*innen sind eingeladen als Fremd- oder Freundkörper Teil eines kollektiven Organismus zu werden.
Der einzellige Schleimpilz P. polycephalum weist komplexe morphologische Anpassung und Amöbenbewegung auf, seine Wachstums- und Fortbewegungsstrategie, mit der er nach Nahrung sucht, kann als minimales Beispiel für komplexes Roboterverhalten verstanden werden. Der Pilz ist in der Lage räumlich-zeitliche Komplexität aus einfachsten Bauteilen und deren Wechselwirkungen entstehen zu lassen.
Diese Eigenschaften ermöglichen eine Digitalisierung des Schleimpilzes die von den RaumZeitPiraten in ein sich selbst generierendes, interaktives Videokunstwerk umgewandelt wurden.
Über die Einbindung einer Kamera wird es dem Pilz ermöglicht, seine Projektionsoberfläche zu erkennen und ortsspezifisch zu besiedeln. Neben einem Raumscanner, der Personen in Echtzeit erfasst um den Pilz zu beeinflussen, soll eine Wetterstation integriert werden die Umweltdaten wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und Windgeschwindigkeit in das System einspeist und den Formfindungsprozess des Pilzes mitbestimmt.
Die Rolle der menschlichen Interaktion soll in diesem System bewusst unscharf zwischen destruktiver und konstruktiver Einwirkung oszillieren. Ist der Mensch hier ein symbiotisches Element oder ein feindlicher, verzehrender Organismus?
In Anbetracht eines Klimanotstands sehen wir als Künstlergruppe eine Aufgabe der Kunst darin, ein Bewusstsein zu schaffen und Reflektionsräume zu öffnen, die unsere gemeinsame Verantwortung als Menschen im Anthropozän erfahrbar werden lassen. Der Zeigefinger kann hier nicht das richtige Werkzeug sein, wir setzen auf die Strategie des Spielerischen, der selbstbestimmten Erkundung, des Erkenntnisgewinns durch (Selbst)Erfahrung. Wer den digitalen Pilz betritt verändert ihn und wird vielleicht verändert.
Herzlichen Dank an Zeki Cagla für die fantastische Programmierarbeit
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gefördert durch Stiftung Kunstfonds – NeustartKultur